In Beirut sprengt sich ein Selbstmordattentäter in der US Botschaft in die Luft, AIDS ist im breiten Öffentlichen Bewusstsein angekommen, der NATO Doppelbeschluß zur Aufrüstung sorgt für Proteste, Hunderttausende gehen auf die Straße und die Angst vor einem Atomkrieg ist eines der bestimmenden gesellschaftlichen Phänomene. Tatsächlich wird in der Sowjetunion fälschlich der Abschuss von Atomraketen durch die USA gemeldet - aber zum Glück reagieren die Verantwortlichen besonnen und erkennen den Falschalarm. In England wird Maggie Thatcher und die Konservative Partei in der Macht bestätigt und ihre Politik der sozialen Kälte geht dort in die zweite Runde – ein Hinweis darauf, dass Demokratie und Dummheit zu üblen Ergebnissen führt. Die erste Swatch Uhr kommt auf den Markt. Ebenso das erste Handy, ein 800 Gramm schweres Motorola-Mobiltelefon. In diesem Jahr sterben Muddy Waters, Karen Carpenter und Dennis Wilson, der einzige Beach Boy der auch surfte, ertrinkt im Meer. Michael Jackson ist die bestimmende Figur der Radiolandschaft, sein Album Thriller wird in diesem Jahr mit den dazugehörigen Videos zum Massenphänomen, und trägt sicher auch dazu bei, dass sich der Musiksender MTV jetzt endgültig etabliert. 1983 ist ein Jahr, das stellvertretend für die Musik der 80er stehen könnte: New Wave wird immer poppiger, Synth-Pop ist auf dem Höhepunkt, Bands wie Depeche Mode oder die Eurythmics werden zu Stars, New Order sind es schon. The Police machen ihr letztes Album, Metallica, U2 und R.E.M. bringen in diesem Jahr ihre Debutalben heraus und sind noch so etwas wie Geheimtips. Auch das pokulturelle Phänomen Madonna macht sein erstes Album. Scott Walker kommt mit einem fantastischen Solo-Album scheinbar aus dem Nichts zurück, Tom Waits entdeckt die Müllhalde als Ort der Inspiration. Es gibt in diesem Jahr – wie so oft in den Achtzigern – zwar einige bemerkenswerte Alben, einige die wirklich fantastisch sind, und deren Einfluss bis weit in die kommenden Jahrzehnte reicht, aber dahinter ist dauerhafte Klasse dünn gesät, insbesondere weil der Sound von Synthie und Plastikrhythmen überwiegt .... und ich erwähne wie gehabt hier noch kurz den übelsten, aber sehr erfolgreichen Schrott von Musikern wie Christopher Cross – ich weiss lieber nicht was genau das ist – ich erwähne voller Trauer David Bowie's rasanten Abstieg in die Bedeutungslosigkeit via Let's Dance und vergesse am besten völlig Genesis' Hitalbum (auch wenn das später auch eine Art Neubewertung erfahren wird...). Weg mit dem Schrott ... !
Tom Waits
Swordfishtrombones
(Island,
1983)
Tom Waits hatte vor Swordfishtrombones eine Pause von drei Jahren gemacht, Musik zu einem Film von Francis Ford Coppola beigetragen, bei den Dreharbeiten zu diesem Film seine Muse und spätere Ehefrau Kathleen Brennan kennengelernt und mit dieser eine stilistische Umjustierung seiner Kunst vorgenommen. Gestrichen wurden Hollywood Streicher, Barroom-Jazz und lyrische Nabelschau, Waits produzierte nun selbst, der schon auf Heartattack and Vine (1980) angedeutete experimentelle Umgang mit Arrangements und Instrumenten wurde konsequent durchgezogen und die so wunderbar erzählerischen Texte behandleten nun in noch surrealerer Weise als es zuvor die Kaputten und Loser dieser Welt. Die Frage ob Waits' gewagte Mischung aus Beatnik, Bohemian und 20er Jahre Stummfilm-Ästhetik vielleicht übertrieben oder gar kalkulierte Scharlatanerie ist, ist meiner Meinung nach obsolet, weil die Ästhetik einfach siegt. Und man sollte bedenken (und bewundern), wie gewagt dieser Schritt zu dieser Zeit war, mit welcher Konsequenz er ihn tat – ohne zu wissen, ob ihn das nicht aus dem Geschäft kicken würde. Und vor bewundernswert ist auc, wie wenig dieser „Sound“-Wechsel seine Songwriter- Fähigkeiten überdeckte, sprich: mit was für Songs er – nun eben in neuem Gewand - aufwartete: „Underground“, „In the Neighborhood“, „Down Down Down“ oder „16 Shells from a Thirty Ought-Six“ gehören zum Besten in seinem bis zu diesem Zeitpunkt schon an großen Songs reichen Oeuvre. Und das Experiment gelang: Swordfishtrombones wurde tatsächlich sein bis dahin erfolgreichstes Album. Ich frage mich, was die Plattenfirma vor diesem Erfolg zu ihm gesagt haben mag (...unverkäuflich, kommerzieller Selbstmord...). Tom Waits hatte sich mit neuem und wieder völlig eigenem Stil noch einmal erfunden und damit gewonnen.
R.E.M.
Murmur
(I.R.S.,
1983)
Nach dem schimmernden Jangle Pop ihrer ersten EP entwickelte die kleine Band aus Athens/Georgia auf ihrem Debüt Murmur ihren eigenen, sehr individuellen Sound weiter: Man muß bedenken: 1983 waren R.E.M., deren Klangbild uns heute so vertraut ist, eine kleine Indie-Band, die klang wie kaum eine andere. Man konnte damals höchstens vergleichen: Da war der Gitarren-Jangle der Byrds vermischt mit der nervösen Energie von Gang of Four, eine treibend und äußerst melodisch spielende Rhythmussektion und Michael Stipes Gesang mit dieser so gut wiedererkennbaren Stimme, die teils sehr undeutlich dahingemurmelter Texte von sich gab, die eher lautmalerisch als inhaltlich von Bedeutung waren. Dazu Songs, die Folk, Power-Pop, Punk und Garage Rock organisch miteinander verbanden. Und ja – Punk ist auf diesem Album noch ein klar erkennbarer Einfluss. Und damals schon hatten diese Songs erstaunliche Ohrwurmqualitäten. „Pilgrimage“, und das schnelle „Catapult“ sind zwei Pole im Stil der Band, sehr unterschiedlich und dennoch eindeutig R.E.M. Der größte Hit des Albums, „Radio Free Europe“ ging als Gußform für viele kommende Independent Single Hits durch, das melancholische „Talk About the Passion“ oder die sich umeinander windenden Gitarren- und Piano-Chords von „Perfect Circle“ sind eingängig und zugleich für ihre Zeit innovativ. R.E.M. haben danach natürlich etliche erfolgreichere Alben gemacht, aber ihre Debüt-LP hat diese Frische und Unschuld, die sich nicht mehr reproduzieren lässt. Für so manchen Fundamentalisten war hier – oder spätestens nach dem zweiten Album - Schluß mit der Band, da der Einfluss des „Punk“ bald verschwunden war.... oder spätestens nach dem vierten Album, als sie den zur damaligen Zeit höchstdotierten Plattenvertrag bei Warner bekamen... oder oder oder. Aber wenn man es neutral betrachtet, dann haben R.E.M. sehr lange sehr gute Musik gemacht und soweit im Musik-Business möglich ihre Glaubwürdigkeit behalten – aber das ist ein unendliches Streitthema....
The Blue Nile
A Walk Across the Rooftops
(Linn,
1983)
Ein ganz seltsames Phänomen: The Blue Nile waren zur Zeit ihres ersten Albums in Glasgow so unbekannt, dass Sänger Paul Buchanan sein eigenes Album von einem Freund empfohlen bekam. Dabei existierte das Trio schon seit Ende der Siebziger, hatte eine Single und ein Demo aufgenommen, das von der schottischen High-End Firma Linn Electronics zu Demonstrationszwecken für ein Aufnahmesystem genutzt werden sollte. Linn waren vom Ergebnis so beeindruckt, dass sie der Band die Aufnahme eines ganzen Albums – ohne künstlerische Vorgaben – ermöglichte. Die Band benötigte weitere fünf Monate um Musik zu kreieren, die einerseits eindeutig in ihrer Zeit gefangen ist – mit Synthsizer Sounds und Drums, wie es sie nur in den Achtzigern gab, die aber andererseits durch ihre verregnete Astmosphäre und ihre schiere Eleganz seltsam aus der Zeit gefallen klingt. Ein Faktor ist sicher Paul Buchanans Stimme, die mitunter an Sinatra zu Sings Only for the Lonely- Zeiten erinnert. Ein Vergleich, der auch stimmungsmäßig zur Musik passt, allerdings sind die Arrangements auf A Walk Across the Rooftops weit transparenter, die Band mußte jeden Ton selbst einspielen, was ihnen schon wegen zunächst mangelhaften instrumentalen Fähigkeiten etwas schwer fiel. Nicht dass man diesen Umstand dem Album anmerkt: Sie machten aus der Not eine Tugend, spielten nur das Allernötigste und ließen der Musik Raum zum atmen. Und was natürlich am Wichtigsten ist: Sie hatten mit dem Titelsong oder etwa dem „Hit“ „Tinseltown in the Rain“ großartige Songs am Start. Zunächst bekamen sie rave reviews, aber wenig kommerziellen Erfolg, aber über die Zeit erwies sich das Album als äußerst einflussreich und hat inzwischen einen verdienten Status als Klassiker erlangt.
New Order
Power, Corruption & Lies
(Factory,
1983)
Nach dem Tod von Ian Curtis hatten Joy Division unter dem Namen New Order ein Album gemacht, dass – nun ja – eben nach Joy Division ohne Ian Curtis geklungen hatte. Zwar gab es schon dezente Hinweise auf eine „Erweiterung“ des Stils, aber erst mit Power, Corruption and Lies gelang ihnen eine wirkliche Neuorientierung. Es beginnt schon mit dem Surf-Guitar Riff von „Age of Consent“, da ist Bernard Sumner, dessen jungenhafte Stimme zwar nicht herausragend ist, der der Band aber gerade durch seine Neutralität eine breitere Stimmungspalette bietet. Und da ist der Einsatz von Synthesizern und Dancefloor-Rhythmik, der den stoischen Puls von Joy Division auf die Tanzfläche verschiebt. Und dabei ließen New Order ihre erfolgreichste Single, „Blue Monday“ sogar tatsächlich nach alter britischer Tradition außen vor (Diese ist allerdings auf den Re-Isues von Power, Corruption and Lies üblicherweise dabei). Freundliche Pop-Songs wie „The Village“ stehen neben melancholischen Stücken wie „Your Silent Face“, noch waren die Dance Einflüsse nicht so bestimmend, wie sie bald werden würden, noch war Joy Division unter allem erkennbar, aber diese Band hatte einen Ausweg aus ihrer eigenen Geschichte gefunden und ein erstes echtes Pop-Album gemacht. Nebenbei: Der Titel bezieht sich angeblich auf die Worte des Künstlers Gerhard Richter, der diese Worte bei einer Ausstellung seiner Werke in der Kölner Kunsthalle auf die Aussenwand sprayte.
Chameleons
Script of the Bridge
(Statik,
1983)
Und ein noch so ein Fall von Ungerechtigkeit im Pop-Business. Das Debüt der Chameleons sollte eigentlich zu den großen Alben in der Geschichte der Rockmusik gehören, irgendwo neben dem Debut von Echo & the Bunnymen und Seventeen Seconds von The Cure. Script of the Bridge ist durchaus eines der zeitlosen Alben, die ohne Weiteres 25 Jahre später im Zuge des Post-Punk Booms hätte erscheinen können, neben Alben von Interpol oder den Editors aus den 00er Jahren. Und es wäre wegen seiner formidablen Songs sogar die bessere Wahl gegenüber den Editors gewesen. Und tatsächlich klingen bei genauem hinhören die New Yorker Interpol wie eine Chameleons-Cover-Band. Vom Drumming und Songwriting bis zur Stimme sind sie ein Klon der Band aus Großbritannien/ Middleton. So gesehen könnte Script of the Bridge also als Best Of Album eines ganzen Genres durchgehen. Songs wie „Monkeyland“, das John Lennon Tribut „Here Today“, oder das post-apokalyptische Schlußstück „View From A Hill“ haben alles, was man bei bekannteren Vertretern des Genres wie etwa Echo & the Bunnymen sucht. Die Stimme von Bassist Mark Burgess ist tief in Echoeffekte getaucht, die Melodien werden geschickt von Twin Guitars getragen, das komplette Album ist enorm atmosphärisch und klingt vollkommen zeitlos. Script of the Bridge ist ein Album, das auf allen Ebenen funktioniert, intellektuell, spirituell und physisch, und wie es so läuft in solchen Fällen, es bietet Musik, die erst Jahre später wirklich geschätzt wurde. Und auch die Chameleons sollten es schwer haben, ihr Debut zu übertreffen - und sie haben bis heute lediglich Kultstatus.
The Go-Betweens
Before Hollywood
(Rough
Trade, 1983)
Die Go-Betweens waren 1983 eine Punk-Band wie die Talking Heads oder Television. Sie hatten dieselbe Nervosität und Lust auf Innovation, wie die Vorgenannten, allerdings war ihre Musik zusätzlich tief verwurzelt in Folk und der Kunst der frühen Singer/ Songwriter – nicht nur in der Musik der Velvet Underground. Bei Ihnen wurde der Jangle-Rock der Achtziger vorgedacht und die Nervosität des Post-Punk dazuaddiert – woraus ein Sound entstand, mit dem im selben Jahr R.E.M. ihre Karriere begannen, die sie zu weit größerem Erfolg führen sollte. Das zweite Album der Go-Betweens, Before Hollywood kann problemlos neben Murmur bestehen, und die famose Single „Cattle and Cane“ wird nicht zu Unrecht als eine der besten des Jahres '83 genannt. Die Band war nach ihrem Debütalbum von Rough Trade Chef Geoff Travis von Australien nach England eingeladen worden und die Musiker wussten wohl selber nicht so genau, was man an Ihnen fand. Im Sommer '82 schrieben sie ohne sonderlich viel Kontakt zu irgendeiner Szene zu haben, ihre Songs in London und nahmen sie dann mit dem Produzenten John Brand auf (der zuvor Aztec Camera's High Land, Hard Rain aufgenommen hatte). Die Klasse des Albums mag in ihnen nicht bewusste gewesen sein, aber Before Hollywood ist eine wunderbar eigenständige und frische Songkollektion – und ein echter Fortschritt im Vergleich zum Debüt.. Die Band klingt ungemein transparent, das reduzierte Ensemble aus den beiden Songwritern (und Freunden seit College Tagen) Grant McLennan am Bass und Robert Foster an der Gitarre mit der Drummmerin Lindy Morrison hatte im letzten Jahr eindeutig dazugelernt. Auf diesem Album wechseln sich die beiden Songschmiede ab, da ist McLennans minimalistisches Meisterstück „Dusty In Here“, in dem er Bezug auf den Tod seines Vaters nimmt, da ist Fosters „By Chance“, ein Song den er selber auch später noch als einen seiner Besten bezeichnete – heraus kam ein kompaktes Album, das Post-Punk und Songwriter-Kunst mühelos miteinander vereint.
Scott Walker
Climate of Hunter
(Virgin,
1983)
1983 erschien Climate of Hunter buchstäblich aus dem Nichts: Scott Walker war fast vergessen, zwar hatte er zum 1978er Walker Brothers Album Night Flights vier phänomenalen Songs beigetragen, aber die waren zum Einen Fremdkörper auf diesem Album gewesen, zum Anderen waren die Brothers schon zu dieser Zeit ein vergessener Oldie-Act gewesen, und niemand rechnete nun noch mit weiteren Äusserungen des Musikers. Walker hatte seit diesem Album ohne Vertrag mehr schlecht als Recht von der Legende seiner frühen Jahre gelebt - er war so etwas wie der Orson Welles der Rockmusik geworden. Nachdem sein Ruf die Realität überholt hatte, bekam er doch noch einmal die Möglichkeit ein Album aufzunehmen. Er holte sich ein seltsames Sammelsurium von Musikern an Bord – Soul-Sänger Billy Ocean, Dire Straits Gitarrist Mark Knopfler – die allesamt wohl nicht wirklich wussten wie ihnen geschah, als Walker sie ohne Vorgaben ihre Parts einspielen ließ. Eine Vorgehensweise mit Methode: Walker hatte Songskizzen im Kopf, wollte aber die Melodien „geheimhalten“ um der Musik eine gewisse Freiheit – und Ungewissheit - zu lassen. Dazu wurden die Hälfte der Songs ledigich durchnummeriert (um sie nicht mit Titeln zu „überfrachten“) und den Mitwirkenden wurden lediglich Skizzen aus Drums, Bass und Walkers Gesang vorgestellt. Das Ergebnis allerdings ist von teils verblüffender Schönheit. Mark Knopfler hat selten so effektiv gerspielt wie bei der Vertonung des Tennessee Williams-Gedichtes „Blanket Roll Blues“, „Rawhide“ mit prominentem Bass und Orchester ist ebenso geheimnisvoll wie „Sleepwakers Woman“. Das Album hat trotz der sehr künstlichen Sound- Ästhetik der Achtziger mit der Zeit gewonnen. Ironischerweise wurde Climate of Hunter zu einem der am schlechtesten verkauften Alben der Plattenfirma Virgin. Ein Beweis, dass guter Geschmack elitär ist. Dass Scott Walker in den kommenden Jahrzehnten noch viel weiter ging, konnte man hier zumindest erahnen. Man kann Alben wie The Drift und Bish Bosch avantgardistisch nennen – oder Kunstkacke, Climate of Hunter ist im Vergleich zu diesen beiden „Werken“ recht zugänglich und somit ein leichter Einstieg in Walker's musikalisches Werk nach den Siebzigern.
Richard Thompson
Hand of Kindness
(Hannibal,
1983)
Dies war das erste Album Richard Thompsons nach der Trennung von seiner Frau und musikalischen Partnerin Linda, es war das Erste nach dem kathartischen Shoot Out the Lights – einem der besten Alben der Actziger (das allerdings laut Aussage beider Beteiligter KEIN Trennungsalbum war) – und es war somit ein Album, das es schwer haben würde, sich mit dem Vorgänger zu messen. Nun hätte man erwartet, dass Richard Thompson nach dieser Trennung in Bitterkeit versinken würde.... Aber mitnichten: Natürlich gibt es bei ihm immer Songs über zerbrechende oder zerbrochene Beziehungen, aber er war gerade frisch verliebt, ER hatte Linda Thompson verlassen, privat gab es also keinen Grund zu Trauer oder gar Wut. - Was natürlich auch nicht heisst, dass hier fröhlich über Blumenwiesen getanzt wird. Songs wie „Tear Stained Letter“ und „A Poisoned Heart and a Twisted Memory“ wollte man gerne autobiographisch lesen – was Thompson gewiss auch wusste, der dunkelste Moment auf Hand of Kindness, die Moritat „Devonside“ ist allerdings deutlich nicht selbstbezogen, sondern eher angelehnt an traditionelle englische Folkmusik – und ein Song, den Thompson kaum Live spielt um „das Publikum nicht depressiv zu machen“... Die meisten Songs und vor allem der Grundton auf Hand of Kindness allerdings ist – man möchte fast sagen – fröhlich – der Sound wird durch Bläser angereichert, Thompsons wie immer unfassbar gutes Gitarrenspiel wird noch selbstbewusster nach vorne gestellt. Der Cajun-Stomp von „Two Left Feet“ ist richtig flott, und die Perderennbahn-Story von „Both Ends Burning“ ist sogar rasant. Er schaffte es wieder einmal Folk mit Rock'n'Roll zu vermischen und ergänzte die Klangpalette gekonnt um Saxophon und Akkordeon. Das klang vielleicht noch nicht so organisch wie auf kommenden Alben, denn noch ist Folk eindeutig die Grundlage auf der er seine Songs aufbaut, das Ergebnis aber wat wieder einmal überzeugend. Aber natürlich blieb er weiterhin ein Fall für Spezialisten.
Police
Synchronicity
(A&M,
1983)
Synchronicity ist natürlich das Album, das Police endgültig zu Superstars machte, und es ist das Album, nach dem sich die Wege der drei Individualisten trennen mußten. Vier Singles wurden aus dem Album ausgekoppelt, und vor Allem „Every Breath You Take“ mit seinem treibenden Beat und seinem melodischen Basslauf wurde zu einem vom Format-Radio fast zu Tode gespielten Klassiker. Aber auch „King of Pain“ und „Wrapped Around Your Finger“ sind hochinfektiöse New Wave Songs, „Tea In the Sahara“ ist hypnotisch und zugleich melancholisch. Manche der restlichen Songs sind im Vergleich schwach, insbesondere die beiden Songs von Gitarrist Summers und Drummer Copeland sind Fremdkörper auf dem Album. Durch diese beiden Songs wird zum Einen deutlich, wie sehr Sting die Band beherrschte und wie wiet die drei Musiker inzwischen von einander entfremdet waren. Ein Zustand, den die beiden Musiker immer weniger akzeptieren wollten. So nahm die Band ihre jeweiligen Parts ganz konsequent in unterschiedlichen Räumen in einer Villa in Montserrat auf - und bei „Every Breath You Take“ kam soll es sogar zu Handgreiflichkeiten zwischen Sting und Copeland gekommen sein. Insgesamt überstrahlen die Singles den Rest des Albums sehr, und die Zeit mag dem Album nicht gut getan haben, aber das sind Moden - und was sind die schon wert - es enthält einige der besten Pop-Songs der 80er.
Cocteau Twins
Head Over Heels
(4ad,
1983)