Sonntag, 19. Juni 2016

1972 - Randy Newman bis Jim Dickinson - Lenny Waronker und seine Künstler

Lenny Waronker, der in den Credits aller weiter unten vorgestellten Alben vorkommmt - ist Sohn eines Produzenten aus Hollywood, war von Kindesbeinen an mit Randy Newman befreundet, mit dem er gemeinsam Klavier lernte, und dessen Songs er früh als B-Seiten für diverse Künstler u.a. an Liberty Records - das Label seines Onkels – verkaufte. Er studierte Musik und Business und war als Produzent und Session-Musiker tätig, und lernte Van Dyke Parks kennen, der sich einen Namen als Texter und Arrangeur für die Beach Boys gemacht hatte - und Ry Cooder, der Session Musiker u.a. für die Stones und Captain Beefheart gewesen war. 1966 wurde er A&R Manager beim aufstrebenden – und damals recht experimentierfreudigen Reprise Label (das übrigens von Frank Sinatra gegründet worden war!), und er ist derjenige, der hinter den hier unten beschriebenen Alben steht. Er hatte schon 70-71 versucht, die Karrieren dieser drei Musiker ans Laufen zu bringen. Der hohe Anspruch, den seine Freunde an ihre Musik hatten, wird ihm bewusst gewesen sein, er hat ihn vermutlich geteilt und er war sich vielleicht auch im klaren darüber, dass hier nicht viel Geld zu machen war. Das erste Album Randy Newman's etwa wurde wegen Erfolglosigkeit verschenkt - Waronker muß das Ganze mit ziemlichem Idealismus verfolgt haben. Er entdeckte Little Feat (siehe unten...) aber auch andere, weit erfolgreichere Acts – so stand er hinter Gordon Lightfoot's Welthit „If You Could Read My Mind“ (und dem dazugehörigen Album), hatte die Everly Brothers (auf deren Album Roots) und die Beau Brummels (Triangle und Bradley's Barn) in The Band-Gefilde geleitet. Und so haben die hier unten vorgestellten Alben alle mehr miteinander zu tun als den Produzenten, gemeinsame Coverversionen und einen gemeinsamen Cast aus Session-Musikern. Es ist vor Allem die Herangehensweise, die in allen Fällen irgendwie exzentrisch und „europäisch“ ist. Alle drei – Newman, Parks, Cooder hatten ihre Debütalben hinter sich (Alles Alben die für sich schon toll genug sind) aber 1972 erreichten sie einen Höhepunkt in der Qualität ihres Materials. Und was alle Alben hier unten verbindet, ist ihr Bezug zu amerikanischen Musiktraditionen. Randy Newman hat dabei den komplexesten Ansatz, seine Musik speist sich aus Klassik, Filmmusik, Jazz und Spurenelementen von „Rock“ - aber am wichtigsten ist bei ihm diese textliche Doppelbödigkeit. Er war (und ist bis heute) für Amerika bei weitem zu ironisch, und wird deshalb dort oft missverstanden. Wenn er in „Sail Away“ den „Little Wog“ einlädt, das Sklavenschiff zu besteigen, setzt er nicht nur einen der finstersten Teile der Geschichte Amerikas in einen ironischen Zusammenhang, er gießt seinen ätzenden Humor auch noch über die Haltung der Amerikaner zu diesem Teil ihrer Geschichte – und ist damit für die USA nicht mehr politically correct. Van Dyke Parks, der Newman gewiss verstand, untersuchte auf seinem zweiten Album die Musik der Karibik, und konnte dabei nicht ganz ernst bleiben, vielleicht weil er schon immer einen Hang zum Surrealen hatte – was ihn wiederum mit Newman verband – wie seine Kenntnis der Arrangeurs-Kunst aus der klassischen Musik. Ry Cooder, der Beiden seine hervorragenden Slide-Gitarren-Fähigkeiten zur Verfügung gestellt hatte, ist an den amerikanischen Musiktraditionen genauso interessiert: Er holt vollkommen vergessene Songs aus der Vergangenheit und versetzt sie auf bemerkenswert eigenständige Art und Weise in seine Zeit. Alle Drei experimentieren mit der Vergangenheit und schaffen es, daraus ihre ganz eigene Musik zu kreieren. Aber auch Little Feat, Arlo Guthrie und Jim Dickinson bedienen sich auf eigenständige und intelligente Weise an der amerikanischen Musiktradition – und Arlo Guthrie IST durch seinen Vater Woody Tradition - und durch die Art und Weise, wie er dessen Musik ins heute geholt hat. Sie alle werfen einen ironisierten und/oder idealisierten Blick auf die Musik-Traditionen ihrer Heimat. Und sie alle liefern damit 1972 entscheidende Alben ab.

 

Little Feat - Sailin' Shoes - (Warner Bros., 1972)


Das zweite Album von Little Feat ist eines der besten dieses Jahres, ich habe es ausführlich im Hauptartikel 1972 beschrieben – und kann und will hier nur noch einmal betonen, dass Lenny Waronker für Sailin' Shoes zwar nur als „Executive Producer“ hinter Ted Templeman genannt wird, er aber die treibende Kraft hinter dem Vertrag bei Warner für diese Band war. Country, Folk, Jazz, Pop, zusammen-gekocht zu einer Suppe mit ganz eigenem Geschmack. Lowell George im kreativen Höhenflug, Musik von äußerster Qualität. Dass dieses Album tatsächlich zu den anderen hier genannten passt, zeigt erstens, wie breit Waronker aufgestellt war, und zweitens welchen Ansatz zur Erforschung der „amerikanischen“ Musik er hatte.

Randy Newman

Sail Away

(Reprise, 1972)

Heute mag Randy Newman hauptsächlich als Oscar-gekrönter Komponist von Disney Soundtracks bekannt sein – eine Familientradition – Aber er hat auch diese andere Seite, die Fähigkeit als scharfzüngiger und intelligenter Beobachter des American Way of Life Musik von großer Eleganz und ebenso großem Sentiment zu machen. Gemeinhin gillt dieses, sein drittes Album Sail Away als sein Bestes, wobei man sich darüber nach durchhören der vorherigen und folgenden Alben trefflich streiten kann – sind Newman's erste fünf Alben doch in der „Original Album Series“ als CD's zum Discount-Preis erhältlich. Bei Sail Away ist allein schon das Titelstück, in dem ein Sklavenhändler seinem Opfer das Leben in Amerika schmackhaft macht, ein Meisterstück der ironischen Wendung, der Sarkasmus bei „God's Song“, in dem Gott die Dummheit der Menschen, die ihn trotz aller Katastrophen und Unglücke lieben, liebevoll belächelt, geht weit tiefer als jede plumpe Religionskritik. Aber Newman macht sich in „Lonely at the Top“ selbstverständlich auch über sich selbst und seinen „Ruhm“ lustig. Und dennoch, er kann auch Zeilen singen wie „Let's sing a song of long ago/ When things could grow and days flowed quietly“ und dabei ehrlich bewegt klingen – denn was wäre alle Bitterkeit ohne ein bisschen Süße. Über die wunderbar arrangierten Orchester-Parts und die exzellenten Begleitmusiker könnte man eine eigene Kritik schreiben, letztlich mag Sail Away sein bestes Album sein, aber das macht die Vorgänger und Nachfolger nicht zu schlechten Alben. Wenn du Musik hören willst, bei der Song, Text, Musik,Stimme (ja, auch diese Frosch-Stimme !!) und Arrangement eine perfekte Einheit bilden, MUSST du Newman hören.


Van Dyke Parks

Discover America

(Warner Bros., 1972)

Und noch so einer - Heute mag Van Dyke Parks manchen als Arrangeur und Partner von Brian Wilson von den Beach Boys bekannt sein, oder als Helfer bein Joanna Newsom's Ys, oder eben als weißhaarige Eminenz des gebildeten Pop Conaisseurs – das war und ist er auch: Aber er hat etliche sehr exzentrische und zugleich gute Alben gemacht. 1972 war er sicher noch nicht so etabliert wie heute, und sein Debütalbum von '68 war eine fast genauso katastrophale Bauchlandung , wie Randy Newman's Debüt aus dem selben Jahr... was nicht die einzige Verbindung zwischen den beiden ist. Neben ihrer beider Vorliebe zu (und Kenntnis für...) klassischen Arrangements schätzten sie sich wohl auch gegenseitig als Musiker. Parks hatte Newman nicht umsonst auf seinem Debüt gecovert. Nun aber wollte er etwas ganz anderes machen: Er wollte das geneigte Publikum auf die Musiktraditionen Amerikas aufmerksam machen, indem er eine Platte aufnahm, auf der ausschließlich Fremdkompositionen – von karibischer und Calypso-Musik – enthalten war. Dass diese Idee gefiltert durch Parks exzentrische Brille zu höchst seltsamen aber auch vergnüglichen Ergebnissen führen sollte, war abzusehen, wurde und wird bis heute aber auch gerne als Kuriosität angesehen. Die Melodien der Songs sind von sonniger Heiterkeit, selbst wenn der Text schattiger wird. Der Steel-Band Sound mag mit touristischen Bildern aufs Übelste besetzt sein – und Parks ließ hier u.a. die Esso Trinidad Tripoli Steel Band aufspielen, aber wenn man – wie bei Randy Newman – genauer hinhört, bekommt das grelle Sonnenlicht manchmal fast etwas absurdes, ja sogar ein bedrohliches Strahlen – beabsichtigt oder nicht beabsichtigt ? Die Versuche „zeitgenössische“ Songs von Allen Toussaint („Occapella“)und Lowell George („Sailin' Shoes“) in das Konzept zu fassen gelingen wunderbar, weil die Calypso-Songs aus den 20er-40ern eben doch eindeutig nach Van Dyke Parks riechen. Nichtsdestotrotz – an dieses Album muß man sich gewöhnen... man muß so neugierig sein, wie Parks, oder auch Ry Cooder....

 

Ry Cooder

Into The Purple Valley

(Reprise, 1972)


Ry Cooder

Boomers Story

(Reprise, 1972)

 

Archäologische Untersuchungen an den Ursprüngen der Amerikanischen Musik, die Dritte: Ry Cooder ist für seine Arbeiten im Bereich „Weltmusik“ bekannt, dabei bewegt er sich tatsächlich bis heute im Einflussbereich der Musik seines Landes, wenn er mit afrikanischen Musikern die Wurzeln des Blues erkundet oder im Buena Vista Social Club die Musik Kuba's erforscht. Diesen Ansatz verfolgte er schon auf dem exzentrischen 70er Debut und auf den beiden 72erAlben. Into the Purple Valley ist Vieles auf einmal, und gilt auch deshalb als Ry Cooder's bestes Album. Zum einen ist es eine Showcase seiner enormen Fähigkeiten auf Allem was Saiten hat, zum Anderen Beweis seiner enzyklopädischen Kenntnisse amerikanischer Musik. Für die Stones hatte er das Riff zu „Honky Tonk Woman“ erfunden, Randy Newman und Van Dyke Parks`Alben hatte er mit seiner Bottleneck Gitarre veredelt, hier spielte er auch noch Hawaiian Slack-Key und Mandoline und stellte sein Wissen um die Musik seines Landes dar, indem er Blues (Leadbelly's „On a Monday“) oder Folk (Woody Guthrie's „Vigilante Man“) neben „Hey Porter“ von Johnny Cash“ stellt, obskures wie „Taxes on the Farmers Feeds us All“ aus der Versenkung holt, oder das von Van Dyke Parks auf seinem Calypso-Exkurs ausgegrabene „F.D.R. In Trinidad“ in die USA zurückholt. Kein geringer Verdienst ist, dass er alle Songs zu seinen Eigenen macht, dass es gelingt sie allesamt in seine Zeit zu transportieren und dass Into the Purple Valley trotz der eklektischen Song-auswahl ein kohärentes Ganzes bildet – es ist tatsächlich ein Konzept-Album über die „Dust Bowl“ Ära der Dreißiger Jahre und eines der ersten Alben des damals natürlich noch nicht so benannten „Roots Rock“. Die Tatsache, dass seine Stimme Geschmackssache ist – sie ist weit weniger auffallend als die Randy Newman's etwa, mitunter regelrecht tonlos – wird immer wieder bemängelt. Für mich unverständlich. Der Rest der Musik überstrahlt das komplett. Cooder muß die Kritik an seiner Stimme aber gehört haben, oder selber der Ansicht gewesen sein, dass sein Gesang nicht seine größte Stärke war (wie gesagt, ich habe mich an seine Stimme gewöhnt, und finde sie mitunter ziemlich passend...), für sein drittes Album Boomer's Story nahm er drei Instrumentalversionen alter und nicht ganz so alter Songs auf. Wobei vor Allem seine Interpretation des noch jungen Soul-Klassikers "Dark End of the Street" (von James Carr definitiv eingesungen) fast an die Klasse von John Fahey's mystischen Untersuchungen von vergessenen Blues-Songs und indischen Raga's heranreicht...und ließ bei Sleepy John Estes' „President Kennedy“ denselben singen. Boomer's Story klingt weniger eklektizistisch als der Vorgänger, bleibt atmosphärisch in der Ära der Dreißiger und stagniert auf dem erreichten hohen Niveau. Er hat hier mit dem Titelsong eine weiter Obskurität ausgegraben, die die Neuentdeckung lohnt, Beim Bürgerkriegs-Song „Rally Round the Flag“ spielt Randy Newman das getragene Piano. Hier kann man vielleicht am deutlichsten Ry Cooder's „historischen“ Ansatz für seine Musik erkennen: Der von einem Patrioten der Nordstaaten kompnierte Song wurde im Bürgerkrieg so populär, dass er auch von den Truppen der Südstaaten umgetextet und gesungen wurde. Cooder freilich benutzt die „Union-“ Version. Aus den Zwanzigern holt er den „Crow Black Chicken“ von Lawrence Wilson – einen Song der dann wiederum in das Repertoire anderer Bands einfloss. Diese Art der Musik mag seinerzeit nicht wirklich von Vielen gehört worden sein, - es war Musik für Musiker – aber sie zog immer größere Kreise. Roots Rock hat bei Ry Cooder seine Wurzeln. 

Arlo Guthrie


Hobo's Lullabye

(Reprise, 1972)

Arlo Guthrie ist der Sohn einer Legende – einer Legende, die u.a. von Ry Cooder bewundert und gecovert wird. Aber Woody Guthrie ist 1972 schon seit fünf Jahren tot, war seit den frühen Fünfzigern durch seine Chorea-Huntington Erkrankung nicht mehr in der Lage, Musik zu machen und sein Sohn hat seit 1967 eine recht erfolgreiche eigene Karriere mit drei Alben hingelegt – mit Musik, die musikalisch das Erbe des Vaters aufnimmt, die aber nicht die politische Eindeutigkeit und Bedeutung von Woody's Dust Bowl Ballads hatte - oder hätte haben können. Lenny Waronker hat im Vorjahr ein Tribute-Album mit Songs von Woody Guthrie zusammengestellt, die im Jahr 1968 von The Band live aufgenommen worden waren. Gäste waren damals u.a. Judy Collins, Pete Seeger, Odetta, Bob Dylan – und Arlo Guthrie, der auch zuvor schon mit Waronker gearbeitet hat. Und das damalige Begleitpersonal bestand neben den Musikern von The Band aus Ry Cooder und anderen Musikern, die hier immer wieder auftauchen. Arlo Guthrie's viertes Solo-Album Hobo's Lullaby nimmt mit seinem Titel, der sich mit Railway-Romantik auf die aussterbende Klasse der Wander-Arbeitern bezieht, in gewisser Weise thematisch den Ball auf, den Vater Woody irgendwo in Klein-Arlo's Kinderzimmer hat liegen lassen. Und so covert Arlo ganz passend Woody's „1913 Massacre“ - ein Klagegesang über den Tod von 73 Menschen – streikenden Minenarbeitern und ihren Familien - die bei einem Weihnachtsfest in ihrer Heimatstadt in Michigan's Kupfergürtel umkamen. Das Album ist allerdings durchaus auch recht eklektizistisch und bedient sich verschiedener Traditionen – da wird zwei mal Hoyt Axton gecovert, einmal auch Woody Guthrie's Schüler Dylan – und dann ist da Arlo Guthrie's größter Chart-Erfolg „The City of New Orleans“ - eine berührende Ode an die Eisenbahn-Romantik der Hobo-Generation seines Vaters. Und all das wird musikalisch mit etlichen der hier oben stehenden Musikern eingespielt. Ry Cooder veredelt Axton's „Lighning Bar Blues“ und das selber verfasste „Days Are Short“ mit seiner Slide, Jim Dickinson spielt Keyboard, Little Feat's Richie Hayward ist dabei und Lenny Waronker produziert. Kurzum – dieses Album gehört in diese Reihe – sowohl thematisch in seiner liebevoll verklärten Beschreibung amerikanischer (Sub-)Kultur, als auch wegen des Personals, das hier den Sound definiert.

 

James Luther Dickinson

Dixie Fried

(Atlantic, 1972)

Jim Dickinson ist – wie Van Dyke Parks etwa - eher als Produzent und Sideman bekannt (u.a. hatte er für die Rolling Stones gespielt). Allerdings mit weit „erdigerem“ Hintergrund als dieser. Er hatte für das Atlantic Label Ende der 60er mit den Dixie Flyers eine Band zusammengestellt, die etliche Größen des Soul-Labels bei deren Aufnahmen begleitete (James Carr, Sam & Dave und Aretha Franklin), war bei den weiter unten beschriebenen Alben Ry Cooder's dabei und hatte sich einen sehr guten Namen in Musikerkreisen gemacht. Nun ließ ihn Atlantic-Chef Jerry Wexler ein Solo-Album aufnehmen. Dickinson verfolgt auf Dixie Fried einen ähnlichen Ansatz wie The Band oder andere Musiker, die zu dieser Zeit auf den reichen Fundus amerikanischer Musiktraditionen zurückgriffen: Er mixte Blues, Country, Soul und Southern Boogie zu einem saftigen Gebräu, ließ den Sound von New Orleans mit Hilfe von Dr. John's Piano aufleben, coverte mit „John Brown“ einen obskuren Dylan-Song, klingt auf „Oh How She Dances“ wie ein Tom Waits ohne Rachen-Katharr. Paul Siebel’s trauriges “Louise”, über den einsamen Tod einer alternden Prostituierten wird zu einer trunkenen Country.Hymne. Das Album badet regelrecht im Sound von Dickinsons Heimatstadt Memphis, in Gospel, Country, Blues und Beale Street Jazz. Das mag beim ersten Hören wie eine wilde Mixtur wirken, aber die Intensität und Intelligenz mit der die Vorlagen hier interpretiert werden, machen Dixie Fried zu einem echten Erlebnis. Man muss sich 'reinhören, was wohl zu wenige taten, denn Dickinson ging danach auf Jahre nur noch ins Studio um zu produzieren – und zwar musi-kalische Hochkaräter wie Big Star und Alex Chilton, die Replacements und die Cramps, und in den 90ern auch Bob Dylan....).

 

Gordon Lightfoot


Don Quixote

(Reprise, 1972)

Gordon Lightfoot


Old Dan's Records

(Reprise, 1972)

Unter den hier genannten Musikern dürte Gordon Lightfoot (zumindest zu Beginn der 70er...) der erfolgreichste gewesen sein. Er war 1970 von Lenny Waronker zu Reprise gelockt worden, hatte mit dem Album Sit Down Young Stranger und der Mega-Hit Single „If You Could Read My Mind“ die Leute in den oberen Etagen von Reprise davon überzeugt, dass Waronker eine gute Nase hatte, sich aber zugleich einen Ruf als etwas ZU kommerzieller Soft-Folk-Barde zugelegt. Nun – das dürfte ihm egal gewesesn sein. Lightfoot war ein Veteran, seit '64 Recording Artist, ihm dürfte es recht gewesen sein endlich Erfolg zu haben, zumal er selbstbewusst sein durfte: Nicht nur Dylan hielt große Stücke auf ihn. Sein Stil und vor Allem seine sonore Stimme sind auf den ersten Blick ein bisschen zu sehr im „Wohlfühl-Sektor“ unterwegs, aber seine Songs sind ausgefeilt und durchdacht, haben wunderbar schlaue Lyrics, er hatte sich einen Cast an edlen Begleitern zusammengesucht, die ihn auch auf den beiden '72er Alben – beide produziert von Waronker – begleiten – und zuletzt muss man zugeben, dass er seit besagtem Hit-Album bis zum hierauf folgenden Sundown ('74) ein Quintett von ungemein schönen Alben hingelegt hat. Don Quixote ist von diesen fünf am nächsten am Folk, der Vorgänger Summer Side of Life war näher am Country – schließlich auch in Nashville augenommen - für sein drittes Reprise Album ging er wieder nach L.A., ließ Waronker an die Regler und kehrte zum Folk-Sound + Orchester zurück. Dass seine Songs Streicher vertragen, könnte auf ihre Klasse hinweisen, sein treuer Begleiter Red Shea, aber auch (und wieder) Ry Cooder halfen dabei, die Songs zu veredeln. Der Titel-Track mag ein wenig schlicht sein, aber das maritime „Christian Island“ geht schon tiefer, „Looking at the Rain“ ist eine tief empfundene Ballade ohne jeden Süßstoff, mit „On Susan's Floor“ covert er tatsächlich Shel Silverstein – einen Texter, der in seinem Zynismus an Randy Newman heran reicht – und mit dem epischen „A Patriot's Dream“ schafft er einen Anti-Kriegs-Song, der völlig unpeinlich ist. Und noch im gleichen Jahr wandte Lightfood sich wieder in Richtung Country: Old Dan's Records vereint wieder seine Folk-Wurzeln mit Dobro, Banjo und Steel. Natürlich wird auch wieder das Orchester über manche Songs gelegt – mich erinnert das manchmal an Mickey Newbury's Alben aus dieser Zeit, und wer einen Song wie „That Same Old Obsession“ etwas ZU kitschig findet, hat mein Verständnis. Aber – Hollywood Pathos und Technicolor Sonnenuntergang gehören zur amerikanischen Musik (… gemacht von einem Kanadier – übrigens...) Und mit „It's Worth Believing" und „Can't Depend on Love“ sind mindestens zwei von Lightfood's besten Songs dabei. Und das ein bisschen aus dem Rahmen fallende „My Pony Won't Go“ ist mein geheimer Favorit und wird von David Bromberg an der Dobro geadelt. Lightfood mag ein bisschen untypisch in diesem Artikel erscheinen – aber er beleuchtet eine Facette der US-Songwriter-Kunst, die irgendwo zwischen Newman und Guthrie strahlt.







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