George Bush wird Präsident der USA, und löst Ronald Reagan ab - ein Idiot wird also gegen ein Arschloch ausgetauscht. Vor Alaska havariert der Öltanker Exxon Valdez und löst die größte Ölpest in der Geschichte der Vereinigten Staaten – und damit der gesamten Welt.... bislang - aus. Irans religiöser Staatsführer Ayatolla Khomeini stirbt und im Ostblock lösen sich die Herrschaftssysteme der Kommunistischen Parteien auf. Zuerst In Ungarn, dann in Polen in der CSSR und in der UdSSR, und dann auch in der DDR müssen die kommunistischen Regimes dem Druck ihrer Bevölkerungen nachgeben und freie Wahlen zulassen und die Grenzen zum Westen öffnen. Estland, Lettland und Litauen werden selbstständig. Die Truppen der UdSSR ziehen sich aus Afghanis-tan zurück. In Rumänien wird der Diktator Nicolai Ceausescu hingerichtet und in der CSSR wird der Schriftsteller Vaclav Havel Staatspräsident. Die Demokratie hat also gesiegt? Mitnichten, gewonnen hat nur der Kapitalismus, aber das wird man dann noch sehen... Der Gameboy kommt in Japan auf den Markt. Salvatore Dali stirbt, R.E,M, bekommen einen hoch dotierten Vertrag bei einem Major. Und in der Musik beginnen Acid House und Dance ihren Einfluß auf die Rockmusik auszuweiten, Independent ist nicht mehr ganz so unabhängig, hat aber einige Highlights, Neil Young wird wieder wach, und auch Lou Reed beginnt seinen dritten Frühling, in Seattle machen sich einige Bands zum Sprung bereit, die mit Punk und Pop und Rock aufgewachsen sind, Death Metal erhebt sich aus dem modrigen Untergrund und definiert sich durch einige Klassiker, HipHop und Crossover machen sich auf den Weg in den Mainstream. Es erscheinen diverse gute Platten, die kommende Entwicklungen andeuten, aber Manches ist auch erschreckend medioker, anscheinend warten etliche ehemals Kreative auf das neue Jahrzehnt. Und natürlich gibt es wie immer haufenweise Musik, die sich elend gut verkauft, die aber richtig schlecht ist – Ich erwähne mal Milli Vanilli – oder die nicht völlig entsetzlichen Simply Red und den Mainstreamservice, den uns Phil Collins mit seinen Hitsingles bietet. Sie Alle verkaufen Unmengen von Alben, aber ich will und werde sie nicht meiner Aufmerksamkeit würdigen.
New Order
Technique
(Factory, 1989)
Während der drei Jahres Pause nach dem Vorgängeralbum hatten New Order die Sommer auf Ibiza verbracht und dort, beeinflusst von der inzwischen vor allem dort regelrecht explodierenden Dance-Szene, die Rhytmustracks zu ihrem neuen Album aufgenommen. Mit diesen als Basisi gingen sie zurück nach Manchester, und nahmen ihre bis dato optimistischste und tanzbarste LP auf. Mit Technique begruben New Order endgültig Ian Curtis und setzten sich an die Spitze der Club Szene. Ein Stimmungsumschwung der schon auf dem wieder von Factory Designer Peter Saville entworfenen Cover erkennbar wird – das erset New Order Sleeve Design, das wirklich „bunt“ zu nennen ist und die strenge Goth-Ästhetik durchbricht. Und die Musik hinter dem Cover ist tatsächlich New Order in hellsten Farben: Ihre Musik war nie wirklich kompliziert, auch zu Joy Division-Zeiten nicht, und auch danach gab es immer eine reduzierte Melodik und -mit den - ohne Curtis - manchmal fast peinlich simplen Texte von Bernard Sumner, aber gerade das passt im Konetxt von Techno und Disco doch ehrlich gesagt ganz wunderbar zur Musik, gibt ihr sogar den besonderen Kick. So ist die erste Single „Fine Time“ einer ihrer tanzbarsten Songs, zwar wie gesagt mit Wegwerf-Lyrik, aber mit einem ansteckenden Beat und einem tollen Riff. Allerdings ist der Hit soundmäßig im Vergleich zum Rest des Albums am wenigsten würdevoll gealtert. Besser klingen heute Songs wie „Round and Round“ und „Mr. Disco“, die ebenfalls den Dancefloor bedienen. Andere Songs - wie „Love Less“ oder „Run“ - hingegen haben noch das Flair bleichen Alternative-Rock's -vor Allem wegen des unnachahmlichen Bass-Drive's, der New Order immer auszeichnete und der Technique zum gelungenen Spagat zwischen Disco und Indie macht – und letztlich ist Modernität hier Mode – und die kommen und gehen... und kommen auch wieder.
The Stone Roses
s/t
(Silvertone, 1989)
Tanzbarkeit: Ende der Achtziger ist das ein immens wichtiger Faktor in der Musik, egal ob im Mainstream oder ausserhalb. Ich habe mal gelesen, dass das Debut der Stone Roses als eine Art Nevermind für Great Britain angesehen wird. Und tatsächlich entstand um diese unglückliche Band - wie zwei Jahre später um Nirvana - schnell ein gewaltiger Hype, der auch durchaus berechtigt war - jedenfalls wenn man nur dieses erste Album hört. Ihre Mischung aus dem Sound der Byrds und Rave, die wunderbar leichtfüßigen Gitarren-Chords von John Squire und die Dance-Rhythmen von Reni und Mani... dazu der coole und zugleich so britisch arrogante Gesang von Ian Brown, den sich der kleine Liam Gallagher damals sicher öfters angehört hat - und dann noch die wunderbaren Songs: Es sind die Hymnen für die aufkommende „Madchester Scene“, die die Stone Roses durch das Album und durch ihre Auftritte mit begründeten, und die Tanzbarkeit und einen gewissen „independent spirit“ in sich vereinen. Bei „Elephant Stone“ oder „She Bangs the Drum“ wird Neo-Psychedelia und Dance gepaart, „I Wanna Be Adored“ klingt zurecht herrlich arrogant, mit diesen klingelnden Gitarrenschichten ist es einfach adorable. Und wenn am Ende der LP Ian Brown „I am The Resurrection“ singt, mag er sich wie der Erlöser vorkommen, das acht-minütige Monster aus Gitarrenlärm und rollenden Rythmen aber läßt doch wirklich buchstäblich Tote auferstehen. Es ist tragisch und leider zugleich auch wenig verwunderlich, dass die Band nach diesem formidablen Debut an Vertragsquerelen aber auch an der eigenen Arroganz grandios scheiterte.
Pixies
Doolittle
(4ad, 1989)
...und um wieder auf Nirvana zurückzukommen... Nicht umsonst wurde Kurt Cobain nie müde, die Pixies als eine seiner absoluten Lieblingsbands und Black Francis seinen liebsten Songwriter zu loben. Die Pixies waren – für den der sie nicht kennt - Ein dicklicher Schreihals mit einer Vorliebe für Surf- und Punkrock, gesegnet mit einer immensen Popsensibilität und eine Backing-Band, die aus Musikern mit genug eigenem Profil für jeweils eigene Bands ausgestattet waren. Sie spielten auf den dreieinhalb Alben ihrer ersten Karrierephase Popsongs mit den Mitteln des Garagenrock und der manischen Intensität von Heilanstalts-Insassen. Natürlich landeten sie damit auch zur Zeit der Veröffentlichung dieses inzwischen schon dritten Albums keine großen Radio-Hits – das war Ende der Achtziger – vor „Smells Like Teen Spirit“ eben – noch nicht zu erwarten. Dazu waren die kommerziellen Radiostationen und MTV zu feige und zu bequem Aber sie lösten in Musikerkreisen und bei einer jungen Generation von Hörern einen Erdstoß aus, der unter anderem bis nach Seattle reichte, und der Bands wie Nirvana den Weg freisprengen sollte. Es ist schon all das versammelt, was die Musik der 90er ausmachen würde. Preziosen wie die unwiderstehlichen Singles „Here Comes Your Man“ und „Debaser“ oder der surrealen Love Song „La La Love You“. Produzent Gil Norton verlieh dem ganzen gerade genug Struktur, um den lyrischen wie soundtechnischen Irrwitz des Black Francis im Zaum zu halten. Songs wie „Monkey Gone to Heaven“ machte die Pixies zu Underground-Helden und Doolittle zu einer der besten LP's dieses Jahres. Aber es zeigte auch die Probleme auf, an der die Pixies letztlich scheitern sollten: Nur bei einem Song noch („Sliver“) bekam die Bssistin Kim Deal einen Credit. Der Rest war vom Diktator Black Francis befohlen. Bald würde die Band am Egoismus Franci' zerbrechen und auch in ihrer zweiten Inkarnation 25 Jahre später nicht mehr an diese Zeit anknüpfen können. In Seattle allerdings gab es einen jungen Mann, der ganz genau zugehört hatte.
Nirvana
Bleach
(Sub Pop, 1989)
..Genau: In Seattle gab es einen gewissen Kurt Cobain, einen jungen, ein bisschen disfunktionalen, aber ehrgeizigen Musiker, der sich die furchtlose Vermischung von Pop, Punk und Wahnsinn bei den Pixies genau angehört hatte und der in den letzten Jahren ein kleines Trio um sich versammelt hatte – noch mit vakantem Platz am Schlagzeug, aber mit einem freundlichen Riesen als Bassisten. Und dieser Typ hatte natürlich auch bei den Beatles und bei The Clash und den Stooges und bei seinen Kumpels von den Melvins zugehört... Kurt Cobain's Inspirationen sind „musically correct“ in höchstem Maße. Und seine Musik mag beeinflusst sein von Anderen – wie soll es zu Beginn der Neunziger – also nach 25 Jahren Rockmusik auch anders sein - sie war aber auch immer seine eigene Vision. Das Debut von Nirvana wurde für gerade mal 600 $ vom Indie-Produzenten Jack Endino in ein paar Tagen aufgenommen, was Cobain's Ethos entsprach, und man sollte es einfach NICHT vergleichen mit Nevermind, DEM Mega-Seller und Markstein des Alternative-Rock.. In gewisser Weise spiegelt Bleach viel stärker die Vorstellung von Musik wieder, die Nirvana Zeit ihrer Existenz hatten, und ist ganz nebenbei weit näher an der Atmosphäre ihrer Live-Auftritte. Bassist Krist Novolesic war wie oben angedeutet (bis zuletzt) Cobain's engster Vertrauter, an den Drums half bei diesem Album noch Melvins-Schalgzeuger Dale Crover aus, Dave Grohl sollte erst einige Monate später zu der Band stossen. Es wäre sicher interessant, sich vorzustellen, die Produktion wäre ähnlich „kommerziell“ wie beim Nachfolger (diese Anführungszeichen sind sehr ernst gemeint, Nevermind ist meiner Meinung nach auch nie „kommerziell“ gemeint gewesen). Die meisten Songs sind nicht weniger von Pop geprägt, als der Über-Hit und Durchbruch „Smells Like Teen Spirit“. „About a Girl“ etwa hat durchaus schon die Qualitäten der Songs des kommenden Albums, genauso wie der Opener „Blew“ oder das Cover „Love Buzz“. Manchmal versinkt das Album im „Sludge“ (= Schlamm) - und das war genauso gewollt - aber selbst Monster wie „Paper Cuts“ haben ihre Qualität. Dass Bleach erst im Gefolge des Nevermind -Erfolges zum Big Seller werden sollte ist berechtigt. Es ist nicht so (gut) wie Nevermind, aber andere Bands hätten auf solch einem Album eine Karriere aufgebaut. Was Nirvana letztlich ja auch taten. Zunächst aber war dem Album nur ein moderater Erfolg für ein Indie-Debutalbum beschieden... oder besser: Noch hat keiner was bemerkt.
The Cure
Disintegration
(Fiction, 1989)
Was haben The Cure in den 80ern nicht für Meisterwerke abgeliefert. Schon ihr zweites Album – Seventeen Seconds – ist ein Klassiker. Die nachfolgenden Alben gehören zum Sound der Achtziger und sind zugleich extrem eigenständig. Es gibt kaum eine Band, die klingt wie The Cure. Manche lehnen sich an deren Sound an, aber die Paarung von Gothic, New Wave und Pop-Elementen mit dem eigenartigen Klang von Robert Smith's Stimme ist einzigartig. Und irgendwie schaffte Robert Smith es in diesen Jahren immer wieder, neue Facetten seiner Vorstellung von Popmusik zu zeigen. Disintegration ist zu gleichen Teilen aus der Düsternis von Faith und der Experimentierlust auf Kiss Me, Kiss Me... zusammengesetzt, die verwaschene Synthesizer und Keyboardsounds unterlegen die Songs mit einem Gefühl der Erhabenheit, Bass und Schlagzeug treiben die Melodie an, und Smith singt zutiefst persönliche Texte, die aber zugleich von universellen Sehnsüchten und Ängsten handeln könnten. Bei den Aufnahmen war Bandmitglied Simon Tolhurst zwar zugegen, aber meistens betrunken. Der Musik und ihrer Qualität tat dies keinen Abbruch. Wieder einmal schrieb Smith einige unsterbliche Popsongs - wie etwa das klaustrophobe „Lullabye“ oder den schon fast zu romantischen „Lovesong“. Natürlich ist das Musik, die hauptsächlich auf die Emotionen zielt – wie The Cure es von Beginn an spielten, und es ist zugleich perfekte Pop-Musik – mit einem ganz eigenen Sound. Disintegration ist ein weiteres Meisterwerk von The Cure und eines der ganz großen Alben der Achtziger – und es ist zeitlos geblieben – wie man das bei wirklich guter Popmusik manchmal findet..
Galaxie 500
On Fire
(Rough Trade, 1989)
Galaxie 500 sind eine der Bands, die man keiner Zeit zuordnen kann. Natürlich gibt es im Sound, in der Produktion ihrer drei Alben gewisse Hinweise auf die End-Achtziger/ beginnenden Neunziger, aber zu dieser Zeit gab es meiner Meinung nach - natürlich auch Dank der Fähigkeiten des Produzenten Kramer - bei manchen Alben wieder eine gewisse Neutralität in Produktion und Sound – was der Musik bis heute gut tut. Die New Yorker Band um Songwriter Dean Wareham stand aber auch in scharfem Kontrast zu anderen Acts aus ihrer Stadt – war nicht so abgeklärt und urban wie Lou Reed etwa, sondern klang eher nach introvertierter Melancholie und warmem Sonnenuntergang am Pazifik Sie mögen dem Noise-Rock Sonic Youth's und der Swans ein paar Gitarrentöne zu verdanken haben, aber der Bezug zur psychedelischen Musik der Sechziger ist weit deutlicher. Aber genug der Vergleiche – denn die haben Galaxie 500 wahrlich nicht nötig. Ihr zweites Album (von drei gleichwertigen übrigens...) erschafft seine ganz eigene Atmosphäre aus surrealen Slacker-Lyrics, slow-motion Gitarren - einen monochromen Sound, der zu jeder Zeit einzigartig bleiben würde. Wareham's Vorbilder mögen erkennbar sein, aber seine zurückhaltende Stimme klingt immer ein bisschen verschnupft aus dem Off, und das Rhythmus Gespann aus Naomi Yang (b) und Damon Krukowski (dr) spielt zwar unauffällig, aber ungeheuer melodisch und einfallsreich. Die Musik erzeugt eine Stimmung von positivem Fatalismus und sie bekommt Dank Wareham's simplem aber einfallsreichem Gitarrenspiel immer im rechten Moment eine Dosis Spannung verpasst. Am Ende des Albums wird mit „Isn't It a Pity“ George Harrison gecovert – ein Verwandter im Geiste vermutlich. Hier fügt Produzent Mark Kramer sein „cheap organ“ hinzu, anderswo hilft Tom Waits' Trompeter Ralph Carney aus, aber all das haben die Songs nicht unbedingt nötig. Für On Fire mag ich keine Highlights benennen können, dafür aber bewegt sich die Musik durchgehend ganz unauffällig auf extrem hohem Niveau. In den vier Jahren ihrer Existenz haben Galaxie 500 ganz nebenbei dreimal die perfekte Quintessenz psychedelischer Musik auf Vinyl gepresst. Dass sie inzwischen als Klassiker gelten, geschah völlig zu Recht. Produzent Mark Kramer sollte ein paar Jahre später die Slowcore Könige Low entdecken, eine von vielen Bands, deren Musik von ganz klar Galaxie 500 beeinflusst ist.
The Blue Nile
Hats
(Linn, 1989)
Gerade habe ich noch über den etwas zeitloseren Sound in der Populärmusik berichtet, der Ende der Achtziger langsam wieder einzukehren scheint. Der Sound von Blue Nile, insbesondere die Art der Produktion von Drums und Synthesizern auf ihren beiden wunderbaren Alben A Walk Across the Rooftops und Hats allerdings ist massiv den modischen Prinzipien der Achtziger ausgesetzt, ist sehr „Eighties“ und somit modisch im schlechteren Sinne - aber das Songwriting und die Themen der Songs, genauso wie Paul Buchanan's Stimme sind von zeitloser Güte. Hats ist ein weiteres Album voller verzweifelter Hoffnung und vergeblichem Begehren, das es trotzdem schafft, nie düster zu klingen. „Let's Go Out Tonight“ und „Downtown Lights“ ragen heraus, aber jeder einzelne der gearde mal sieben Songs hier ist ein essentielles Beispiel für außerordentlich kunstvoll konstruierte Musik. Die Präzision, mit der die Band arbeitete – sie brauchten nicht umsonst ganze fünf Jahre, um den Nachfolger zum formidablen Vorgänger A Walk Across the Rooftops zu erschaffen – ist aus jeder Note, jeder Melodie und jedem Beat herauszuhören. Die Songs haben cineastische Qualität, ohne je zu ausladend zu werden. Bilder werden angedeutet, eine suggestive Atmosphäre dazu erschaffen und der Rest spielt sich im Kopf des Hörers ab. Es sind Bilder von nächtlichen Bars, glitzernden Skylines, Subways und Neon-Laternen, die entstehen, unter denen der Protagonist voller melancholischer Erinnerungen nach Hause schlendert. Es ist eine Atmosphäre, wie sie Frank Sinatra für seine Generation 25 Jahre zuvor mit In the Wee Small Hours so perfekt erschuf. Die beiden ersten Alben von Blue Nile sind unverzichtbare Klassiker der „sophisticated“ Popmusik, und die Frage, ob sie in zeitloserem Klanggewand besser geklungen hätten, ist lediglich akademisch.
Neil Young
Freedom
(Reprise, 1989)
Neil Young hatte in den 80ern zwar einige wirklich schlechte Platten aufgenommen, aber ab Life (1987) hatte die Formkurve aufwärts gezeigt, und This Note's For You vom Vorjahr war zwar ein etwas unbehauenes und unbeholfenes Experiment in Blues, aber auch da waren einige Lichtblicke dabei gewesen. Den Return to Form auf Freedom hätte man allerdings dann doch nicht erwartet (Ganz nebenbei - dasselbe gilt für Lou Reed, der in diesem Jahr 1989 mit New York ein ebenso überraschendes kreatives Comeback hatte, das hier genauso einen Platz verdient hätte...). Young jedenfalls hatte auf seinem neuen Album gleich mehrere Stücke für die Ewigkeit ! Da ist das Straßenepos „Crime in the City“ mit tollen Lyrics, das rührselige, aber sooo schöne „Wrecking Ball“ die Mariachi Ballade „Eldorado“, und gleich zweimal „Keep on Rockin' in the Free World“ (wie auf Tonight's the Night einmal akustisch und einmal elektrisch und wie diese bald ein Live-Favorit) und das fatalistische „No More“. Es gab auch ein paar Filler, mehr als man einem Musiker von Young's Statur eigentlich zugestehen sollte, aber dann gab er einige ziemlich konfuse Konzerte, taumelte durch's eigene Repertoire, hatte dabei immer mehr magische Momente, trug dieselben Hemden, wie die aufkommende Generation Grunge, und der Gedanke erschien auf einmal doch nicht mehr so abwegig, dass einer (oder zwei - siehe oben) der Helden der 60er und 70er doch noch etwas zu sagen haben könnte.
Morbid Angel
Altars Of Madness
(Earache,
1989)
Wenige Alben waren für die Entwicklung des Death Metal – und somit für Metal oder sogar extreme Musik an sich - so wichtig wie Altars of Madness. Morbid Angel setzten neben Chuck Schuldiners' Band Death mit High Speed Riffs, komplexen Song-Strukturen und den chaotischen Soli von Trey Azagthoth einen Standard, dem bald haufenweise anderer Bands nacheifern würden. Die Texte von Sänger David Vincent und Azagthoth wurden aufgrund ihrer satanistischer Thematik als extrem provokant angesehen (dabei sind sie inzwischen - nach Black Metal - höchstens „Standard“...), und sie waren so eindeutig, dass niemand sie als Pose mißverstehen konnte – was zur erhofften Empörung in den Metal-Magazinen führte... David Vincents Stimme (das sog „Growlen“) klang auf diesem Album noch „höher“ als auf den folgenden Werken, was neben den kontroversen Inhalten der Lyrics ein weiterer Grund sein mag, warum die skandinavische Black Metal Szene der 90er explizit dieses Album von Morbid Angel als Vorbild bezeichneten. Im Sound gab es noch reichlich Thrash-Elemente, was die Band seltsamerweise immer leugnete, aber Altars of Madness ist in allen Belangen zweifellos und eindeutig Death-Metal (somit ein Kind des Thrash...) und hat mit „Chapel of Ghouls“ mindestens einen Klassiker des Genres an Bord. Und auch wenn das Album im Vergleich zu den folgenden Werken amateurhaft aufgenommen war, ist es eines der einflussreichsten Metal Alben der 80er – und somit eines der einflussreichsten Alben der populären Musik.
De La Soul
3 Feet High And Rising
(Tommy Boy, 1989)
3 Feet High and Rising ist mit Sicherheit bis heute eine der einflussreichsten und einfallsreichsten Platten des HipHop, und eine der innovativsten und positivsten ihrer Zeit. De La Soul erfanden mit diesem Album eine Art des HipHop, der sich nicht mit den üblichen Street- und Gewalt Themen sondern mit Liebe, Spaß und ihrer „Daisy Age“ Philosophie befasste. Sie stellten sich nicht einfach nur zum Kampf gegen zu dieser Zeit angesagte Acts wie Public Enemy oder Boogie Down Productions, sie wollten aufzeigen, dass es auch positive Seiten im Leben gibt, wollten etwas positives gegen die Gangsta Attitüde setzen und ihre Leute auf ihre afrikanischen Wurzeln hinweisen. Und dabei entstand nicht einfach HipHop, sondern eine Art Pop, der Samples aus ganz anderen Quellen als den im HipHop üblichen verwandte. Steely Dan, Johnny Cash, Hall & Oates und die Turtles werden gesamplet, bei „Pothouse in my Lawn“ erklingt eine Mouthharp und Country-Yodeling (im Chorus!), die Texte handeln ´von der wahren Liebe („Eye Know“) oder mahnen vor den üblen Folgen von Drogenmissbrauch („Say No Go“). Der größte Hit „Me, Myself and I“ ist purer, selbstbewusster Spaß und die ganze Musik ist mit ihren Verweisen auf andere Künstler und hintergründigen In-Jokes fast so etwas wie eine DJ-Platte, die mit Spaß mehr zu tun hat als mit hartem Ghetto-Alltag. Die Rhymes sind flüssig und so ungeheuer positiv aufgeladen wie man es zuvor nicht kannte. De La Soul waren in dieser Hinsicht die Ersten und definierten ein ganzes Genre – und das über eine erstaunlich lange Zeit. Letztlich klang und klingt bis heute kein Album so wie dieses.
Beastie Boys
Paul's Boutique
(Grand Royal, 1989)
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