Ich kann auch völlig unhip.... Musik aus Großbritannien Mitte der Neunziger als „Brit-Pop“ zu bezeichenen ist der hilflose Versuch, doch teils recht unterschiedliche Bands und Sounds einer bestimmten Zeit und Herkunft unter einen Deckel zu stecken, zu vereinheitlichen und mit einem Etikett zu versehen. Und das führt logischewrweise zu Missverständnissen. Zum Einen: Musik, die man Brit-Pop nennen kann, hat es durchgehend mindestens seit den Sechzigern, seit Mersey Beat und Bealtlemania gegeben. Denn damit meint man Musik, die sich auf die Beatles, die Small Faces und die Kinks, auf XTC, die Smiths und die Stone Roses bezieht - die erkennbar „britisch“ ist. Als Mitte der Neunziger der US-Hype Grunge medial ausgelutscht war, und als es in Großbritannien ein paar Bands gab, die offenbar die oben genannten Bands ihrer Heimat als Einflüsse nicht verleugneten und ein paar gute Songs hatten, ging die britische Presse auf deren Musik und deren Stil ab und formulierte einen Wettbewerb zwischen den beiden populärsten Vertretern. Die Industrie springt gerne auf solch mediale Aktivitäten an und bewirbt Bands, die vergleichbar klingen dann mit mehr Aufwand als sonst, die Musikpresse gibt noch ihren Senf dazu um die Seiten ihrer Organe zu füllen und schon haben wir den Brit-Pop Hype – nach kurzer Zeit gründlich satt. Letztlich war der etwa in der SUN beschlagzeilte Rummel um Blur und Oasis vollkommen inhaltslos. Die Protagonisten – die Gallagher Brüder und Damon Albarn - machten mit, wohl auch um ihre Musik zu verkaufen – was ja legal ist – und beschäftigten sich ansonsten mit dem, was ihnen wirklich wichtig war: Mit Ihrer Musik. Den Wettbewerb um die bessere Single gewannen Blur, das erfolgreichere Album aber hatten Oasis (siehe unten). Etliche andere britische Bands aus der Zeit wurden ebenfalls in die Brit-Pop Schublade geschoben, obwohl sie teiweise sehr anders/eigenständig klangen bzw. ohne den Begriff „Brit Pop" einfach Indie-, Post Punk-, oder Rock-Bands genannt worden wären. Solange man aus GB kamen und nicht Free Jazz oder HipHop spielte, war man eben Brit-Pop. Das schadete im weiteren Verlauf mitunter den Karrieren, ein paar Jahre später war man diese eindeutig britische Art der Popmusik wegen Übersättigung leid und ein neuer Hype kam, aber ich will auf diesen Seiten auf Eines hinweisen: Die Musik, die unter diesem Etikett verkauft wurde, ist teilweise sehr gut, der Begriff ist nur eine Überschrift und irgendwann kommt auch der Post-Brit Pop Hype.... also, sei ein Hipster bevor es Andere sind und besorg' dir Alben von Gene, den Charlatans oder Shack, diese Musik ist jetzt schon über 20 Jahre alt, und womöglich beginnt der Hype bald...
Oasis
What's The Story (Morning Glory)
(Creation,
1995)
Keine Frage: What's the Story (Morning Glory) ist der Apex des Brit-Pop. Auf lange Sicht mögen Blur die bessere Band geworden sein, für manchen mag das vorherige Album der Gallagher Brüder (plus Gehilfen) Definitly Maybe die besseren Songs gehabt haben, aber bei What's the Story... waren Großmäuligkeit und Selbstverständnis der Band im Einklang mit Hype und Zeitgeist. Alles ist überlebensgroß, und die Selbstüberschätzung der Band machte Spaß, der Lärm den sie veranstalteten war unterhaltsam, und Noel Gallagher hatte noch ein paar neue Varianten seines Beatles/Stone Roses-Songwritings in Petto, die sich im Ohr festhaken konnten. Da ist natürlich „Wonderwall“, einer der eingängigsten Songs der 90er, da ist „Champagne Supernova“, ein weiterer zweitbester Song von Oasis, genau wie „Don't Look Back in Anger“. Das Album ist voller Hits, die man lustigerweise doch nicht so schnell vergisst, zu denen man beim anhören immer wieder zurückfindet. Es ist quintessentielle 90er Popmusik, Gebrauchsmusik, die nicht den riesigen Anspruch erheben sollte, die POP ist, nicht mehr und nicht weniger – was ja andererseits auch Anspruch genug sein kann – wohlgemerkt !!. Und die immer wieder schön anzuhören ist. Manche sagen natürlich, hätten sie nach diesem Album aufgehört, wären sie uns in besserer Erinnerung geblieben. Stimmt einerseits, aber dann hätte man verpasst, wie sie mit dem Nachfolger so grandios vor die Wand fuhren. Und die weiteren Nachfolger, über die ich an weniger prominenter Stelle berichten werde, haben schließlich auch ihren Reiz. Grundsätzlich aber sei empfohlen: Kauft dieses Album und seinen Vorgänger. Und natürlich...
Blur
The Great Escape
(Food,
1995)
The Great Escape – ist ein wunderbar ironischer Titel, ausgedacht von Damon Albarn. Seine Vision des typischen britischen Middle Class Leben wird hier zu einem kompletten Konzept Album in der Tradition von Ray Davies' Bildern der britischen Vorstädte, übertragen in unsere Zeit. Und wie Ray Davies ist Albarn durchaus in der Lage sowohl die Liebenswürdigkeiten und Schrullig-keiten seiner Landsleute zu schätzen als auch die Boshaftigkeit, die hinter respektablen Fassade lauern, zu sezieren. Er schafft es, das Leben so darzustellen, wie es vermutlich oft wirklich ist – wie wir es nur nicht gerne sehen wollen: Da ergreift jemand einen sinnlosen Job, um über das gewonnene hohlen Prestige eine ebenso sinnlose gesellschaftliche Anerkennung zu erhalten – und bekommt das entweder garnicht selber mit oder verzweifelt.... Ob Blur das zu dieser Zeit taten ? Die Konkurrenz zwischen ihnen und den Großmäulern von Oasis war schliesslich ähnlich hohl und zielte auch auf eine Anerkennung, auf die die Klügeren von beiden – eben Blur – offenbar letztlich auch verzichten konnten. Der Medienhype um Blur vs Oasis jedenfalls ist lange verklungen, die künstlerisch interessantere Musik machte in der Folgezeit unzweifelhaft Blur, obwohl Oasis 1995 mit ihrem Album What's the Story (Morning Glory) 1:0 in Führung gingen. Unter anderem vielleicht auch, weil Pulp mit ähnlich gesellschaftskritischer Thematik die größere Präsenz und den noch größeren Hit mit „Common People“ hatten, und so The Great Escape zusätzlich etwas verblassen musste. Was aber nichts daran ändert, dass der omnipräsente Hit „Country House“, aber auch Songs wie „Charmless Man“, „Top Man“, „Ernold Same“ und vor allem das wunderbare „The Universal“ zu den besten Songs gehören, die Damon Albarn je geschrieben hat bzw die unter dem Etikett Brit-Pop firmieren. Alben wie dieses und What's the Story (Morning Glory) zu vergleichen ist natürlich Unsinn. Sie existieren beide zu Recht, und haben beide Qualität genug, immer gerne gehört zu werden – und zur Zeit jedenfalls macht The Great Escape mir sogar mehr Spaß. Aber sowas ändert sich ja auch beständig.
Pulp
Different Class
(Island,
1995)
Pulp hatten lange (und durchaus zu Recht) in relativer Obskurität existiert, aber mit dem '94er Album His 'n' Hers endlich den Schritt auf ein hohes musikalisches Niveau und zugleich in die Charts geschafft. Dann kam der Brit Pop Hype und sie machten ihr fünftes Album Different Class - und Bedeutung und Klasse gingen gleichzeitig durch die Decke. Dieses Album steht für die intelligente Seite des Brit Pop, wobei Songwriter und Texter Jarvis Cocker mit Bands wie Oasis (und zu einem geringeren Anteil Blur) grundsätzlich sowieso herzlich wenig gemein hatte und die Band an dem unsäglichen, von der britischen Boulevardpresse gepushten Hype um den Kampf um den Brit-Pop Thron bewusst keinen Anteil nahm. Different Class ist mehr noch als der Vorgänger eine perfekte Mischung aus New Wave, Pop, Disco und Theater, es ist ein Sittengemälde der britischen Gesellschaft der Mitt-Neunziger, erotisch, glamourös und sozialistisch – und sehr britisch, was es eben doch zu einem klassischen Brit-Pop Album macht. Opener „Mis-Shapes“ ist ein pompöser Showtune – und ebenso unwiderstehlich wie die schmerzhafte Ballade „Underwear“ oder die schwüle Seance „I Spy“. Und dann gibt es ja noch die Hits des Albums: „Common Poeple“ verhandelt die Unmöglichkeit einer Verständigung zwischen den Klassen durch die Geschichte eines Upper-Class Girls, das sich zu den Menschen der Lower-Class herablässt – und diesen natürlich fremd bleibt - und „Disco 2000“ - mit Laura Brannigan Zitat - ist intelligent und großer Pop. Jarvis Cocker wurde zu einer ungelenken Lulatsch-Version von David Bowie stilisiert - und wurde damit vielleicht sogar doch ein bisschen zum König des Brit-Pop.
Supergrass
I Should Coco
(Parlophone,
1995)
Um im Koordinatensystemn zu bleiben: Wenn Oasis die Beatles waren, Blur die Kinks, dann waren Supergrass die Small Faces. Ihr Debut I Should Coco – Cockney - Slang für „...das will ich meinen...“ - ist purer schneller Pop, unbelastet von beklemmender Teenage Angst, schuldet mehr den lustigen und ein bisschen hysterischen Bands des Post Punk, und erinnert dabei mehr an Bands wie The Rezillos als an XTC oder The Jam. Die erste Hälfte des Albums ist voller bonbon-bunter Song-Ausbrüche in rasanten Tempo. Ein perfektes und durchaus auch anspruchsvolles Teen-Pop Album. Auf der zweiten Seite der LP wird das Tempo mit Stones-artigen Balladen („Time“) und einem waschechten Syd Barrett Tune („We're Not Supposed to“) etwas gedrosselt und es zeigt sich, dass die Band doch eben mehrere Facetten bieten kann. Supergrass hatten zu dieser Zeit hauptsächlich die Message „Hab Spaß, geh 'raus und versuch nicht eingebuchtet zu werden.“ mit ein paar reflektierenden Momenten dazwischen. Auf „Sofa (Of My Lethargy)" – das ein bisschen an „Norwegian Wood“ von den Beatles erinnert - heisst es zwar noch: „Hold on now, all I wanna do is see you but everybody is here just sitting round staring at the ceiling. What you gonna find in your mixed up minds when you're dreaming? Could be we're not like you at all“. Aber bei „Alright“ geht es nur noch darum, wie toll es ist, jung zu sein: „We are young, we run green. Keep our teeth nice and clean. See our friends, see the sights, feel alright“ Das Geheimnis der Langlebigkeit dieses Albums liegt in der Cleverness des Songwritings. Denn da wirken die Drei, die zu dem Zeitpunkt alle unter 20 waren, wie eine Band, die schon etliche Jahre auf dem Buckel hat. Tatsächlich distanzierte Jaz Coombes sich später scherzhaft von der Teenager Hymne „Alright“ als er sagte: „We don't play '“Alright“ anymore. We should play it in a minor key, and in the past tense."
The Verve
A Northern Soul
(Hut,
1995)
The Verve werden in dieser Zeit ebenso in den Brit-Pop Topf geworfen, und man sieht wie bodenlos dieser Topf sein muß, wenn man ihren Shoegaze- und Psychedelic-gefärbten Sound im Vergleich mit dem von Supergrass – oder Elastica hört. Die Band um Sänger Richard Ashcroft war zu diesem Zeitpunkt in desolatem Zustand, bei der Lollapalooza-Tour hatte ihr extensiver Drogenkonsum dazu geführt, dass Ashcroft wegen Dehydrierung ins Krankenhaus musste und Drummer Peter Salisbury war wegen des Klassikers - Demolierung eines Hotelzimmers - im Gefängnis gelandet. Der verdiente kommerzielle Erfolg nach dem von der Kritik gefeierten Debut A Storm in Heaven wollte sich einfach nicht einstellen und das passte dem narzistischen Sänger ebenswenig wie dem eben so egomanischen (und exzellenten) Gitarristen Nick McCabe. So wurde A Northern Soul unter Zuhilfenahme von Unmengen von Ecstasy aufgenommen und klingt entsprechend chaotisch - und erschütternd intensiv. Es ist ein düsteres Album, voller Songs über Isolation, Hymnen der Desillusionierung und des Verlustes. McCabes spiralförmige Gitarrenfiguren, dazu Ashcroft's beschwörender Gesang machen A Northern Soul zu The Verve's bestem Album – auch wenn der Nachfolger Urban Hymns – nach Trennung und Wiedervereinigung der Band – im Gefolge der epochalen Single „Bittersweet Symphonie“ - und somit im Gefolge mit einem Rechtsstreit mit den Stones, die dann gewinnbringend beteiligt wurden (wie bitter muß das gewesen sein... aber dazu 1997 mehr...) erst den ersehnten kommerziellen Erfolg bringen sollte. Songs wie „On Your Own“, „So It Goes“ und das majestätisch-mißmutige „History“ könnte man als dunkel schimmernde, psychedelische Facette des Brit-Pop bezeichnen- Aber deren Schimmern wurde dann von Spiritualized getoppt.
The Charlatans
s/t
(Beggars
Banquet, 1995)
The Charlatans sind auf diesem selbstbetitelten Album stilistisch vielleicht vergleichbar mit The Verve, jedenfalls für denjenigen, der sie unvoreingenommen hört. 1995 waren sie allerdings aufgrund ihrer Vergangenheit in der Rave-Szene eher bekannt als second hand Stone Roses, als die weniger verrückte Alternative zu den Happy Mondays und sie hatten zudem nach einem sehr guten Debütalbum, das voll in den Madchester-Trend der beginnenden 90er passte, zwei schwächere Alben abgeliefert, die nun eine Belastung waren. Da kam 1995 ihr viertes Album The Charlatans etwas überraschend hoch in die Charts, mit einer Auffrischung ihres Sounds, indem sie nun Brit-Pop neben Dance und Techno in ihre Songs einfliessen ließen. Sie waren zu dieser Zeit vielleicht einfach gut in Form und hatten zweifellos nichts zu verlieren.Ihr Klangkosmos hatte sich eigentlich nicht verändert, sie gingen nur noch ein bisschen weiter, fügten (manchmal fast zuviele) trippy Dance-Passagen in ihrer Musik ein. Und sie hatten ein paar schöne Songs dabei. Das Album ist schon alleine wegen “Nine Acre Court” seinen Preis wert. Hier zeigte eine hart arbeitende Rock & Roll Band, wie man die Balance zwischen traditionellem Rock und postmodernem Acid-House halten kann und dabei Stil bewahrt. Im folgenden Jahr verloren sie tragischerweise ihren Stil- und Sound-prägenden Keyboarder Tim Collins durch einen Autounfall, aber sie machen bis heute unverdrossen und durchaus erfolgreich weiter. Etwas, das man von den meisten Bands des Brit-Pop Zwischenhochs nicht sagen kann. Dieses Album ist neben dem Debüt ihr Bestes. Das Cover ähnelt übrigens dem von The Verve sehr...
Black Grape
It's Great When You're Straight (Yeah)
(Radioactive, 1995)
Black Grape stammen auch aus der Rave-Szene Manchester's, die zu Beginn der Neunziger eine bis zwei Jahre lang als das große Ding gefeiert wurde. Shaun Ryder, Der (drogenumnebelte) Kopf der Happy Mondays steht hinter Black Grape, und seine Rückkehr in die aktuelle Musikszene wurde als biologisches Wunder angesehen. Die Happy Mondays waren DIE Drogenband der Rave-Szene – was alleine schon was heissen will – und Ryder war derjenige, der JEDE Droge ausprobiert hatte. So wurde die Band 1995 voller Rührung und Bewunderung sowohl vom Publikum als auch von der Presse in die Arme geschlossen. Und tatsächlich erfüllen Black Grape viele der Versprechen, die die Happy Mondays nie einlösen konten, weil sie zu stoned waren. It's Great When You're Straight...Yeah, ist ein surreales, respektloses, funky, krachendes und pervers fröhliches Album das überfließt vor unbekümmertem Eklektizismus und trunkenem Humor. Die Band war jetzt einfach besser, Ryder hatte mit dem Rapper Kermit einen fähigen Mann dabei, der seine bizarren Texte voller literarischer Anspielungen und Drogenverweise adäquat ergänzen konnte. Dazu kommt der Groove einer Band, die dem Hype, der um die Happy Mondyas gemacht wurde, Berechtigung verlieh. Das fängt mit der kraftvollen Harp beim Opener „Reverend Black Grape“ an, geht mit der trippy Sitar von „In the Name of the Father“ weiter und hört nicht beim Rolling Stones-haften „Shake Your Money“ auf. Kurz: It's Great When You're Straight, war eine triumphale Rückkehr und ein Haufen Spaß, den man auch jetzt noch mitfühlen kann.
Elastica
s/t
(Geffen,
1995)
Aus unerfindlichen Gründen....na ja, eigentlich habe ich die Gründe in der Einleitung genannt.... wurden Elastica in den Brit-Pop Topf neben Blur, Oasis und Andere geworfen. Ein Grund war sicher, dass Bandleaderin Justine Frischmanzu der Zeit mit Blur's Damon Albarn liiert war, und vielleicht auch weil Elastica von den zwei ehemaligen Suede Mitgliedern Frischman und Justin Welch gegründet worden waren. Und Suede sind ja direkte Vorläufer des Brit Pop (auch wenn sie sowas nie sagen würden). Egal, bleiben wir bei der Musik - und die ist auf diesem Debüt ganz exzellent – hat vieles, was man bei Post-Punk Bands wie Wire und Siouxie & the Banshees oder 30 Jahre später bei Savages so gut findet. Ja, man kann jetzt Referenzen aufführen, gerade bei Elastica, die gleichgültige Sexyness von Frischman's Gesang erinnert an Chrissie Hynde von den Pretenders, man hört die Stranglers und Blondie genauso wie Riot Grrl Bands wie Sleater-Kinney heraus, aber man tut ihnen natürlich unrecht, wenn man sie nur vergleicht. Der echte Reiz von Elastica liegt in den famosen Songs, das Album kam tatsächlich als seltener Beweis guten Geschmacks auf Platz 1 der britischen Charts. Und Songs wie „Hold Me Now“, „S.O.F.T.“ oder „Vaseline“ sind effektiver Post-Punk. Man kann es auch so ausdrücken: Es ist geschmackvolle Popmusik, die die Stilelemente ihrer Zeit aufnimmt, aber auch einen eigenständigen Charakter hat. Das ist dann in gewisser Weise eben doch zeitlos.
Gene
Olympian
(Polydor,
1995)
Es war und ist immer noch ein üblicher Vergleich: “Gene sind die Smith's des Brit-Pop” - womit man beiden Bands Unrecht tut. Oasis sind schließlich und endlich auch nicht die Beatles des Brip-Pop, und kein Singer/Songwriter ist zu Bob Dylan mutiert, mag er sich noch so bemüht haben. Gene werden sich nicht um diesen Vergleich bemüht haben, aber Martin Rossiters Stimme klingt tatsächlich wie die von Morrissey und vor Allem seine Intonation ist eindeutig vom “Mozzer” entliehen. Allerdings ist Rossiters Lamento tragischer wenn er singt: I“ cross the road just to hide and to avoid the times when you stood at my side so battered by the tide”.... während er an Morrissey's exzentrische und polarisierende Aussagen niemals herankommt. Und das Songwriting auf Olympian ist natürlich – wie es sich für britische Bands dieser Zeit gehört – an dem der Vorbilder Beatles, Stones – und auch The Smiths orientiert... Aber Gene sind doch anders genug, um nicht als Klone der Smith's durchzugehen und sie haben auch ihren eigenen Stil innerhalb der ganzen nebulösen Brit-Pop Gemeinde: Romantischer und weit weniger ironisch, dabei härter rockend als es die Smiths je wagten – was den NME veranlasste, sie zum Best New Act 1995 zu küren. Immerhin, als Debüt hat Olympians die notwendige Dichte an guten Songs – Und dass, obwohl sie es sich – in guter alter britischer Tradition – zunächst erlaubten, die ersten formidablen Singles „For the Dead“ und „Be My Light, be My Guide“ aussen vor zu lassen – die wurden dann erst später als CD-Bonus Tracks schnöde 'drangehängt – nicht nötig, wenn es Tracks gibt wie die härter rockenden „To The City“ und „Left-Handed“, das poppige „Sleep Well Tonight“ und den langsam die Spannung steigernden Titeltrack des Album. Brit-Pop ist eben mehr als Oasis und Blur.
Shack
Waterpistol
(Marina,
Rec. 1991, Rel. 1995)
Shack – und ihren Kopf Michael Head könnte man als die großen Pechvögel der 80er/90er bezeichnen. Head hatte in den frühen Achtzigern mit den Pale Fountains feinen Jangle-Post-Punk mit Pop-Sensibilität gespielt, und war damit unter dem Radar geflogen, er hatte mit seiner neuen Band Shack '88 ein sehr gutes Debütalbum (Zilch) gemacht, das ebenfalls nicht die verdiente Anerkennung erhielt, und er hatte dann '91 dieses zweite Album fertig gestellt. ...und dann brannte das Studio samt Bändern ab, die Plattenfirma machte Pleite und Produzent Chris Allison vergaß die verbliebenen DAT-Bänder in einem Mietwagen in den USA. Michael Head löste die Band auf und verfiel Depressionen, Drogen und Alkohol – aber Allison beschaffte sich die Bänder wieder und ging weiter auf Suche nach einem Vertrgspartner. So dauerte es bis 1995, dass sich eine kleine, auf Twee-Pop spezialisierte Plattenfirma aus Hamburg fand, die das Album veröffentlichte. Lustig zu hören, wie nah Shack auf Waterpistol dem Brit-Pop der Mitt Neunziger schon waren, interessant schon deswegen, weil es meine Idee bestätigt, dass es Brit-Pop schon lange gab. Erstaunlich, was Michael Head trotz seiner vorher schon massiven Drogen und Alkohol-Abhängigkeit zuwege brachte. Er gilt nicht umsonst als einer der großen britischen Songwriter- Man merkt, dass da nicht an einen Hype angedockt werden soll, dass die Einflüsse aus dem '91 noch virulenten Madchester-Sound zwar aufgenommen werden, aber dann mit veritablen Songs und weitgehend akustischer Instrumentierung auf eine eigene Ebene geholt werden. Der Opener „Sgt Major“ könnte komplett aus dem Jahr der Veröffentlichung stemmen, und Noel Gallagher wäre vermutlich froh über eine so gute Melodie gewesen, und eine Ballade wie der Album-Closer „London Town“ verbindet nachdenkliche Kinks mit Twee-Pop. Und tatsächlich bekamen Album und Band nun eine gewisse Anerkennung, Head reformierte Shack und nahm 1998 ein weiteres gelungenes Album auf und kam Mitte der 00er Jahre mit seiner nächsten Band The Strands bei Noel Gallagher's Label unter. Also gab es hier tatsächlich ein kleines Happy End – und Waterpistol ist eines der „verlorenen“ Alben, die die Wiederentdeckung definitiv lohnen.
The Boo Radleys
Wake Up!
(Creation,
1995)
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